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Die Angst vor der Umordnung
Das hohe Potential von Dokumentenmanagementsystemen (DMS) erschließt sich oft erst, wenn Widerstände gegen die Einführung aufgehoben wurden und erste ‚Oasen‘ geschaffen sind
Im Folgenden lesen Sie die ungekürzte Fassung eines Artikels, der in der Maiausgabe der VITAKO AKTUELL (2-2012) unter dem Titel „Oasen helfen“ publiziert wurde:
Als sich vor rund 12 Jahren eine Gruppe von IT-Experten, Verwaltungsfachleuten und Archivaren in Klausur begab, um die Anforderungen an ein kommunalverwaltungsgeeignetes DMS für das Verbandsgebiet des Kommunalen Rechenzentrums Niederrhein (KRZN) zu formulieren, schien die Zeit reif für die flächendeckende Umstellung auf eine elektronische Aktenführung: Es gab ein tragfähiges, auf einem breiten Konsens beruhendes Konzept zur Gestaltung des „Büroarbeitsplatzes 2000“ und schon bald darauf wurde auch die passende DMS-Anwendung („ebüro©“) durch das KRZN entwickelt und von den Verbandsgremien freigegeben. — Der Aufbruchsenthusiasmus dieser Gründerzeitperiode ist ein gutes Jahrzehnt später recht gründlich verebbt. Die Bilanz fällt einigermaßen ernüchternd aus: Von 43 Anwenderkommunen haben innerhalb der letzten 10 Jahre lediglich zwei den Umstieg auf eine flächendeckende Einführung des DMS vollzogen. Von insgesamt rund 10.000 Bildschirmarbeitsplätzen im Verbandsgebiet arbeiten weniger als 10 Prozent mit der DMS-Komponente der eGovernment-Suite©, der Nachfolgeanwendung von ebüro©. In diesem Zusammenhang ist es im Übrigen auch sehr kennzeichnend, dass die Verbreitung der eGovernment-Suite© selbst ganz anders aussieht. Bezieht man ihre drei übrigen integralen Komponenten ins Kalkül ein – die Workflow-Engine, den Sitzungsdienst mit Ratsportal und das Contentmanagement-System – liegt die Verbreitungsquote nämlich signifikant höher: Im letzteren Fall kann sogar ein nahezu flächendeckender Einsatz im Verbandsgebiet konstatiert werden.
Angesichts der eigentlich ungewöhnlich günstigen Startvoraussetzungen für ein DMS im KRZN-Verbandsgebiet, zu denen die Bereitstellung einer bereits verbandsfinanzierten Software und deren Integration in ein Komplettpaket von eGovernment-Anwendungen zählt, stellt sich die Frage, woran der zögerliche Umstieg auf das DMS liegt. Ein wesentlicher Grund dafür ist zum einen die Tatsache, dass der organisatorische Aufwand bei der Einführung eines DMS in den optimistischen Anfangstagen nicht in realistischer Schärfe gesehen wurde. Zum anderen wurde zunächst auch verkannt, dass einer Umstellung von der Papier- auf die elektronische Aktenführung eine nicht zu unterschätzende psychologische Barriere im Wege steht: Die Einführung eines DMS rüttelt an nichts weniger als an dem zentralen Paradigma der öffentlichen Verwaltung: nämlich der Papierbindung von Informationen. Auf diesem Paradigma sind bis heute emphatische Vorstellungen von der Authentizität und der rechtssicheren Nachvollziehbarkeit des Verwaltungshandelns angesiedelt.
Viele IT-Neuerungen der Vergangenheit sorgten schon für fundamentale Veränderungen der Arbeitsabläufe in einer Verwaltung. Der Übergang von der Schreibmaschine zur Textverarbeitung oder von der Dienstpost auf die E-Mail bedeuteten sicher beachtliche Evolutionsschritte in der Verwaltungsarbeit. Doch keiner dieser (auch nicht immer schmerzlosen) Übergänge entfaltete ein ähnlich revolutionäres Potential wie die Umstellung auf ein DMS. Dabei spielt es natürlich auch eine Rolle, dass sich Office-Software und E-Mails rasch zum kaum entbehrlichen Bestandteil des modernen Lebens außerhalb von Verwaltungsvorgängen normalisiert haben. Andere spürbare Umwälzungen von Verwaltungsroutinen, z.B. der Umstieg auf das Neue Kommunale Finanzmanagement, die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie oder die Forderung zur barrierefreien Gestaltung kommunaler Webauftritte, fehlte zwar weitestgehend eine lebensalltägliche Verankerung, doch wirkten hier gesetzliche Zwänge das Wunder der Realisierung teils auch ungeliebter Änderungen.
Von solcherlei Beschleunigungseffekten konnte und kann die Einführung eines DMS aber gerade nicht profitieren. Es gibt für solche Systeme weder eine Bindung im privaten Lebensalltag noch eine gesetzliche Vorgabe zur elektronischen Aktenführung. Dabei fehlt es nicht an zahlreichen Publikationen zum Thema Dokumentenmanagement, die seit vielen Jahren die Vorzüge solcher Systeme so überzeugend hervorheben, dass die Überzeugung von Ihrer Überlegenheit über die klassische Papierarbeit in einer Verwaltung heute durchaus verbreitet ist:
- Verwaltungsvorgänge werden schneller, zielgenauer und berechtigungsschärfer zur Verfügung gestellt.
- Informationen werden aktuell und ohne Redundanzen gespeichert.
- Der Zugang zu Verwaltungsvorgängen wird unabhängig von Arbeitszeiten und –orten.
- Das Verwaltungshandeln wird nachvollziehbarer.
- Arbeitsprozesse werden optimiert.
- Die Qualität externer und interner Services wird erhöht.
- Effizienzgewinne können sowohl mit Blick auf Arbeitsprozesse als auch in wirtschaftlicher Hinsicht erreicht werden.
So weitestgehend unstrittig diese Vorteile sind, haftet gleichwohl der originär digitalen und ebenso der von gedruckten Vorlagen digitalisierten Information der Makel des Unechten an. Sie gelten vielfach noch als eine Art defizitärer Modus des Schriftguts im eigentlichen Sinne. Dazu trägt auch eine Rechtsprechung bei, die die Hürden zur Erreichung eines rechtssicheren digitalen Schriftstücks einstweilen noch in sehr unbequemer Höhe hält. Die Vorstellungen von der Authentizität eines Verwaltungsvorgangs sind zu Recht fest an dessen Verschriftlichung gebunden. Die Exklusivität allerdings, mit der jene wiederum an Papier gebunden ist, ist nur das Resultat wirkmächtiger Konventionen und keineswegs ein Naturgesetz. Insofern besteht Anlass zur Erwartung, dass diese auch im Verwaltungsbereich ablösbar ist.
So merkwürdig dies auf den ersten Blick scheinen mag, treiben gerade die jüngeren Entwicklungen auf dem Felde der sogenannten Social Media und des Web 2.0 sowie die beginnenden Auseinandersetzungen der öffentlichen Verwaltungen mit diesen Phänomenen jenen Ablösungsprozess an. Der heute geläufige Begriff der Digital Natives hat in diesem Kontext eine doppelte Bedeutung: Er bezeichnet zum einen die Nutzer, sprich die Bürger, die in einer Welt digitaler Informationstechnologien aufgewachsen sind, und zum anderen auch ein digitales Dokument, das kein bloßes Surrogat eines Papierdokuments mehr ist, sondern ein digitales Original.
Die vermeintliche Immaterialität und die Flüchtigkeit solcher nativ digitaler Informationen stehen im diametralen Gegensatz zu den Anforderungen, die an digitale Informationen im Verwaltungsbereich gestellt werden, denn hier geht es um die dauerhafte Integrität der Information. Genau diese offerieren aber Dokumentenmanagementsysteme – und zwar für alle Typen digitaler Informationen gleich welcher Provenienz: Elektronische Aktenpläne versehen digitale Dokumente mit Metadaten, die sie langfristig archiv- und recherchetauglich machen. Die strukturierte und verlässliche Speicherung gültiger Dokumentversionen, ihre zuverlässige Integration in dauerhaft verfügbare und intelligible Ordnungssysteme definieren seit jeher den zentralen Anspruch an das in Verwaltungsvorgängen prozessierte und aufzubewahrende Schriftgut. Diese Eigenschaften teilen aber gerade alle aktenwürdigen Informationen, unabhängig davon auf welchem Datenträger und auf welchem Publikationswege sie ursprünglich übermittelt wurden. Eine per Twitter veröffentlichte Bekanntmachung der kommunalen Pressestelle, ein per Internet in einer Verwaltungsstelle eingegangenes Antragsformular, eine E-Mail oder die klassische Briefpost haben also grundsätzlich die gleiche Aktenwertigkeit inne. Die Gültigkeit einer digitalen Information wird durch ihre Verwandlung in ein Papierdokument nicht erhöht. Ebenso wenig wird sie umgekehrt durch die Digitalisierung eines Papiers a priori geschmälert.
Der Einsatz eines DMS und die dabei reorganisierten Geschäftsprozesse einer Verwaltung sind letztlich die einzig tragfähige und hinreichende Bedingung dafür, die Integrität und die dauerhafte Gültigkeit digitaler und digitalisierter Schriftstücke zu garantieren. Die im etwas provozierenden Titel dieser Überlegungen angesprochene ‚Angst‘ vor der Umordnung solcher Kernprozesse und solcher Kernkompetenzen der Verwaltungsarbeit wird wohl mittelfristig der Einsicht in die Notwendigkeit dieser Umordnung weichen. Mit dieser Erkenntnis dürfte auch das überkommene Primat der Papierbindung aktenwürdiger Informationen verschwinden. Dieser Prozess wird aber voraussichtlich weniger der enthusiastisch vorangetriebenen Realisierung hehrer eGovernment-Ziele als vielmehr den kulturellen Zwängen innerhalb einer zunehmend digitalisierten Welt geschuldet sein.
Im Mikrokosmos des KRZN-Verbandsgebiets sind diese Veränderungen durchaus wahrnehmbar und lassen sich wohl zumindest in der Tendenz auch generalisieren. In den letzten beiden Jahren haben sich beispielsweise Anfragen nach der Ablösung bislang papierbasierter oder nur leidlich IT-gestützter Geschäftsprozesse durch elektronische Workflows auf Basis der eGovernment-Suite© vervielfacht. Dieses Interesse an der Umstellung und in der Regel auch an der Reformation von Arbeitsprozessen betrifft interne Geschäftsprozesse (z.B. Urlaubsanträge, Fehlmeldungen oder Dienstreise) ebenso wie externe Geschäftsprozesse (z.B. Anmeldungen zur Hundesteuer, Beschwerdemanagement oder Ausnahmegenehmigungen). Im Zuge solcher Geschäftsprozessoptimierungen entstehen immer auch Inseln der elektronischen Aktenführung, indem Dokumente, die im Verlauf des Geschäftsprozesses über das ursprüngliche Antragsdokument hinaus anfallen, im Geschäftsvorgang mitgespeichert werden. Solche vom System gleichsam nahegelegten Arbeitsreflexe sind im Grunde genommen Wirkungen einer ‚kalten‘, nicht durch ein offizielles Projekt gelenkten Einführung wesentlicher Merkmale des DMS.
Dem Bemühen weitere Mehrwerte auszuschöpfen, indem jene vereinzelten DMS-Oasen zusammengeführt werden, erwächst ein gesteigertes Interesse an ‚echten‘, flächendeckenden DMS-Einführungsprojekten. Teils sind diese Projekte bereits aufgesetzt, teils sind sie anvisiert oder liegen den jeweiligen Verwaltungsspitzen zur Entscheidung vor. Abgesehen von der erwähnten Aufbruchsphase vor rund 10 Jahren gab es im Verbandsgebiet des KRZN nicht so viel ‚Willen zur Umordnung‘. Und dies obwohl nach etlichen schmerzhafteren Erfahrungen heute ein deutlich erhöhtes Bewusstsein über die organisatorischen Aufwände solcher Projekte herrscht. Möglicherweise ist es also kein naiver Optimismus, wenn man prognostiziert, dass die Widerstände gegen die Umwälzung einer allzu traditionsverhafteten Verwaltungskultur durch die Einführung eines DMS langsam erlahmen.
Ob diese aktuellen Tendenzen auf das unermüdliche Weiterentwickeln des KRZN-Portfolios an eGovernment-Anwendungen und auf das beharrliche Werben dafür bei unseren Verbandsanwendern zurückzuführen sind oder ob sie dem natürlichen Wandel eines globaleren gesellschaftlichen Kontextes innerhalb einer digitalisierten Welt geschuldet sind, darf durchaus offen bleiben. Wichtig ist, dass dieser Wandel sich überhaupt vollzieht.
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